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Die "Silesiographia" und "Breslo-Graphia" von Nicolaus Henel von Hennenfeld

Autor: Detlef Haberland

Wydanie I
ISBN 978-83-910595-2-4
Wrocław 2011

Format publikacji: DjVu
Ilość stron: 434

Dostępna w Bibliotece Cyfrowej Uniwersytetu Wrocławskiego
https://www.bibliotekacyfrowa.pl/dlibra/publication/31994

Zusammenfassung

Nicolaus Henel von Hennenfeld (1582 Neustadt O/S – Breslau 1656) ist der bedeutendste humanistische Historiograph Schlesiens. Nach dem Besuch von Lateinschulen in Neustadt, Troppau und Breslau studierte er kurz Jurisprudenz in Jena. Aber der Tod des Vaters machte die Fortsetzung des Studiums unmöglich, er musste es Ende 1602 abbrechen. Henel wurde Hauslehrer bei Nicolaus Rehdiger, Mitglied einer der großen Familien Schlesiens, die es durch weitverzweigten Handel zu Vermögen, Ansehen und Einfluss gebracht, und sich zudem in der respublica litteraria einen Namen gemacht hatten. Nicolaus gehörte nach seinem Bruder Thomas, dem humanistischen Sammler und Connaisseur, dessen kostbare Bibliothek die berühmte Breslauer Stadtbibliothek begründen sollte, zu denjenigen Persönlichkeiten, die das geistige Leben Breslaus nachhaltig prägten: Er war der Mittelpunkt eines Freundeskreises, dem Dichter und Gelehrte angehörten, deren Namen weit über Schlesien hinaus Bedeutung und Gewicht hatten.

Durch diesen prominenten Umgang bildete sich Henel zum Gelehrten; die Kavalierstour, auf der er die Söhne Rehdigers von 1609 bis 1613 durch Frankreich, Italien und Österreich begleitete, war auch für ihn ein erstklassiges Bildungserlebnis. Kaum wieder in Breslau eingetroffen, liess sich Henel in Breslau als Anwalt nieder und veröffentlichte im selben Jahr seine Silesiographia und Breslo-Graphia, durch die er noch heute berühmt ist.

1618 wurde er zum Landschreiber des Fürstentums Münsterberg, dann zu dessen Pro- Kanzler ernannt. Dies waren verantwortliche juristische und diplomatische Tätigkeiten, in denen er zugleich zahlreiche wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kennenlernen konnte. Von Kaiser Ferdinand II. wurde ihm 1631 der Titel eines Kaiserlichen Rates verliehen.

1637 übernahm Henel für sechs Jahre auf Einladung der schlesischen Herzöge Johann Christian und Georg das Amt des Syndikus. 1639 nahm er zusätzlich die Berufung zum fürstlichen Rat an. Nach einer erneuten Bestallung als kaiserlicher Rat erfolgte 1642 seine Erhebung in den Adelsstand und 1653 seine Ernennung zum kaiserlichen Pfalz- oder Hofgrafen.

Henel kommt neben diesen eher verwaltungspolitischen Leistungen das kulturpolitische Verdienst zu, die Sammlung von Thomas Rehdiger juristisch der Stadt überantwortet zu haben. Nicht nur hat er als Jurist den Vertrag formuliert, dieser ging auch auf seine Initiative und Idee in Verbindung mit der Familie Rehdiger zurück.

Henels Werk trägt den Charakter des Späthumanismus: Neben juristischen und historischen Arbeiten veröffentlicht er u. a. Paraphrasen auf Catulls Epigramme; die Sammlung Otium Wratislaviense enthält Aufsätze zu juristischen, historischen und philologischen Themen. Leider noch nicht einmal postum erschienen ist Henels große „Chronica des Münsterbergischen Fürstenthumbs und Franckensteinischen Weichbilds Anno 1630“. Zahlreiche Gelegenheitsschriften, in denen er das Andenken an Freunde wachhält und mit ihnen zugleich Proben seiner umfassenden Bildung abgibt, gehören ebenfalls zu seinem Œuvre wie auch umfassende biographische Sammlungen, die von seinem großen Fleiß, seiner staunenswerten Gelehrsamkeit und von seinem lebendigen Interesse für die reiche Geschichte und Kultur Schlesiens zeugen.

Seinen Hauptwerken, der Silesiographia und Breslo-Graphia, liegt nach Bartholomäus Sthenus‘ „Descripcio tocius Silesiae“ von 1512/13 ein neuer landeskundlicher Ansatz zugrunde: Es ist sowohl das Bewusstsein von der Notwendigkeit neuer gelehrter Formen der Welt- und Regionaneignung als auch von der der Entwicklung des Individuums durch Bildung. Das ist ganz reformatorisch gedacht, etwa im Sinne Melanchthons, um sich diese Welt als das sichtbare Zeichen der Schöpfung aneignen und sie begreifen zu können. Landeskunde und Stadtgeschichte sind darüber hinaus Mittel profanen Weltverständnisses mittels der antiken Tradition – und damit ein genuin humanistischer Impetus auf der Basis gelehrter Überlieferung.

Die knappen Texte der Silesiographia und der Breslo-Graphia bieten eine Fülle von Informationen; durch die eingängige Gliederung, durch eingestreute Zitate klassischer Schriftsteller, regionaler Quellen, zeitgenössischer poetae docti und bedeutender Gelehrter hat Henel eine dichte Textur geschaffen, die informativ und abwechslungsreich zugleich ist und dem zeitgenössischen Leser herausfordert: Denn dieser erwartet nicht ein – im heutigen Sinne – zerstreuendes Werk, sondern eines, das ihn durch die Fülle der gut strukturierten und rhetorisch anregend formulierten Gedanken und Fakten intellektuell bereichert.

Henel gelingt es – im Rahmen humanistischer Bemühungen um eine eigenständige geistige Kontur in historischer Tradition, aber auch in bewusster Abgrenzung vom italienischen Humanismus –, ein nachdrückliches Beispiel für die eigenständige cisalpine Kultur, und vor allem für die des östlichen Europas zu schaffen. Schlesien als eine seiner bedeutendsten Regionen ist ein würdiger Gegenstand seiner Bemühungen.